Mit der Art und Weise wie ich bei ESMAD eingegliedert
werde habe ich nicht gerechnet. Seitdem ich vor vier Wochen zum ersten Mal in den Kletterharnisch gezwängt wurde und man glaubt bei mir eine "natural ability" fürs Caving festgestellt zu haben, gehe ich überall hin mit, wohin man mich mitnimmt.

Rund fünfundzwanzig Mitglieder hat der Verein, fünfundzwanzig Speläologen, Höhlenforscher. Mehr als ein halbes Dutzend davon steht mir inzwischen nahe. Als Lehrer, als Kumpels. Vor zwei Wochen mein erster Ausflug in eine Höhle, zu fünft. Caving ist Sport, schon bevor die Höhle überhaupt in Sichtweite ist. Die Höhle, in die wir einsteigen wollen liegt irgendwo. Irgendwo an einem Berghang, den man erstmal finden muss, irgendwo mitten zwischen losen Steinen, einem unglaublichen Ausblick auf das sich unter uns erstreckende Tal, durch das der Sakarya fließt, umgeben von Gemüsefeldern, irgendwo inmitten von Felsen, die aussehen wie streifenweise bunt übereinandergeschichteter Sand, irgendwo an Dornbüschen und großen
Kiefern vorbei auf trockenem Boden. Wenn du ausrutscht ziehen dich sofort mehrere Arme wieder nach oben. Selten habe ich erlebt, dass man mehr aufeinander achtet. Das Einstiegsloch der Höhle hat nicht einmal den Durchmesser von zwei Metern. Unten ist es kalt. Und dunkel. Lichtstreifen fallen von außen ein, das Licht auf den Helmen die wir tragen erhellt den Meter vor uns. Mehrere Stationen hat die Höhle, eine davon jeweils dreißig bis vierzig Meter tief. Das Seil hängt ins Schwarze. Ich bin sicher. Die Abfolgen sind logisch, das gefährlichste sind Steine, die sich über dir lösen könnten. Du bewegst deinen ganzen Körper, spürst dein ganzes Gewicht. Der Weg ist das Ziel, und die Höhle auch.


Letztes Wochenende gehen wir campen, zu zehnt. Dort, wo kein Mensch ist, dort wo die Natur sich selbst beherrscht. Unglaublich, die Landschaft. Karren, Dolinen. Kalkgestein, dass unter dem trockenen Gras hervorragt. Und eine einzigartige Aussicht auf dem beschwerlichen Weg mit dem Auto quer durch den Wald, über Steine, die wir aus dem Weg nehmen müssen. Hier gibt es noch Bären. Wir zelten neben dem Eingang einer vertikalen Höhle, das Panorama erscheint wie die Aufnahme aus einer Nationalgeographic, die eine Doppelseite füllen muss um nur annähernd so wirken zu können, wie die Realität. Fast vierhundert Meter geht es nach unten. Trichterförmig. Für meinen Kopf nicht fassbar. Ich bleibe Zuschauer, stundenlang schaue ich zu, wie die anderen klettern, schon nach vierzig Metern entziehen sie sich meinem Sichtfeld. Zwei Stunden wartet man, ehe man dem Vorgänger folgen kann.
Es ist kalt, vor allem nachts, wenn sich der klare Himmel mit den vielen Sternen wie ein Teppich über uns ausbreitet.
Die Gruppe redet Türkisch, ich bin Zuhörer, aber Teil des Teams, dass so bedingungslos zusammenhält, von zwanzig bis fünfzig, vom Soldat bis zum Medizinprofessor.
Manchmal ist es schwer zu wissen, wie man sich verhalten soll, was von einem erwartet wird. Aber, wie erst vor kurzem wieder zu mir gesagt wurde, man wächst mit seinen Aufgaben. Und man lernt aus jedem Moment.
[Bilder: Ich mit ESMAD Mitglied vor unserem Übungsbaum während dem Camp; Ich in der Caverausrüstung: Anzug, Harnisch, Zubehör; Ich beim Klettern.]
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