Montag, 25. Mai 2009

Freitag, 8. Mai 2009

Zwischenstand mit Rück- und Vorschau

Mir kommen so oft kleine Dinge in den Kopf, die ich gerne schreiben würde und dann mache ich es nicht und dann laeuft es so wie jetzt, dass man mehr als zwei Wochen gar nichts schreibt und um aufzuholen wieder Geschichten nötig waere, die ihr aufgrund der Laenge sowieso nicht gerne lest.
Aber das wichtigste: Mir geht es weiterhin sehr sehr gut.
Höhepunkt der letzten Wochen sicherlich Ayvaini, Höhle, vom Einstieg aus gigantischer Blich über den Ulubat, einen See bei Bursa und die Höhle selbst nimmt dir mehrfach den Atem. Vom Fluss durchquert, vier Kilometer, Waende weiss, Steine glitzern, Eindringen mit Schlauchboot, immer wieder Einstieg, immer wieder Inseln, Wasser zehn Grad und der Rückweg schwimmend weil eh alles nass war, in kompletter Ausrüstung. Wunder der Natur. Wunder Wunder Wunder. Ein Versuch die Atmosphaere dieser Welt zu beschreiben würde klaeglich scheitern. Aber du schaust wirklich mit offenem Mund. Und wir hatten so viel Spass.
Davor Besuch in zwei anderen Höhlen, bewappnet mit Pinzette und Alkohol, allerdings nicht für uns sondern für die Proben, die wir für das Umweltministerium sammeln. Höhle so eng dass nicht jeder bis zum Ende mitkann. Und auch die dünnen auf jeden Fall symbolisch irgendwo feststecken und erst nach Positionsaenderung weiterkommen.
Ausserdem fünf Tage in İstanbul, nicht zum Spass diesmal, auch wenn der trotzdem vorhanden war, sondern zum Arbeiten. Auf der Idef 09 - International Defence Industry Fair. Und das Thema hat dann zur Folge dass ich saemtliche wunderbar funktionierenden Technologien im Bereich der VErteidigung in Lebensgrösse gesehen habe. Panzer, Munition, Tarnkleidung, Satelliten und Roboter und Waermekameras und keine Ahnung. Dabei war die Sache trotz des von mir eher kritisch betrachteten Themas durchaus interessant. Sehr sogar. Habe ich doch, wenn auch nicht lange und oft nur 'Willkommen, falls sie Interesse an technischem Hintergrundwissen zu unseren Produkten haben...' und 'Dieses Werbegeschenk können sie sowohl als Flaschenöffner als auch als Schlüsselanhaenger verwenden' (haha) mit Generaelen und Vertretern aus der ganzen Welt, aus Laendern von deren Menschen in meinem Kopf keine abrufbare Idee vorliegt gesprochen und sie gesehen und beobachten können, bei meiner Arbeit als Empfangsfrau für die türkische Firma, die mich als Mehrsprachensprechende dafür engagiert hat. Oman, Pakistan und Südafrika und Japan und Korea und China (des Chinesen selbstredende Antwort als ich ihn nach seinem 'Hey, how are you today' zur Begrüssung mit Tarkan Bey verbunden habe: 'Your name is Tarkan? Hey, this is a singer! lalalalala'' genial...).
Trotz der Anstrengung von vier Tagen stehen eine wirklich interessante Woche die mir ein bisschen den Blick hinter die Kulissen eines mir eher unbekannten Themenbereichs ermöglicht hat und den Blick auf berühmte Persönlichkeit der Türkei, unter anderem auf die Prominenz Recep Tayyip Erdoğan, den Premier selbst, der zwei Meter von mir entfernt mit seiner Leibgarde 'one minutes' unseren Stand betrachtet hat.

Jetzt geht es heute Abend zwei Wochen touren. Aegaeisküste und soweit wie uns die Zeit führt in den Süden. Ich freue mich total. Um 21.20 Uhr den Zug nach İzmir, Reisespeise ist schon vorbereitet.

Montag, 20. April 2009

Vom Osterhasen, dem Schaf und den zwei Hühnern

So viele Eier wie in diesem Jahr hab ich schon lange nicht mehr bemalt, und so dabei erklaeren müssen habe ich noch nie. Mit den kleinen Kindern von sieben ab, mit den grösseren bis achtzehn und letztendlich noch mit meinem Freundeskreis ab und bis egal.
Was ist eigentlich Ostern? Und warum die Eier? Der Hase?
Um genau zu sein weiss ich das auch nicht so genau, aber genau genug um alle zu verwirren, zumal die Verwirrung schon anfaengt wenn man sagt 'Paskalya', was die türkische Übersetzung für 'Ostern' ist, was aber die Mehrheit leider nicht kennt und somit fragt, wie man das denn in türkisch nenne. Fraglos dann nach der Antwort, Paskalya ist das türkische Wort. Das ein oder andere Kind hat es wohl nicht verstanden.
Genau so wenig, wie sie verstanden haben, dass man die Eier erst bemalt und dann isst. Und zwar nicht gleich danach, nicht, wenn die Farbe noch nicht mal getrocknet ist. Und verstecken? Wozu denn?

Da war es schon einfacher die Erwachsenen oder die, die denken sie seien es, von unseren Osterbraeuchen zu überzeugen, wobei auch die das Suchen nicht so ganz gewöhnt sind.
Wochenende am Kümbet, wieder mal zwei Arbeitstage dort, es gibt immer was zu tun, und sonntags Eiersuche, was jeder auch begeistert mitgemacht hat, wahrscheinlich deshalb weil Frühstückszeit war und ungefaehr so: Ich suche von meinem Standpunkt aus, und drehe mich im Kreis und frage: Wo hast du die denn versteckt? und vielleicht kann ich mich manchmal auch bücken oder recken um die Eier zu entdecken...
Am Abend davor dreht sich unser Schaf sechs Stunden lag über dem Feuer, stets bewacht, im Auge behalten, Fetttröpfchen löst sich, Brot zur Hand, nichts darf verloren gehen und letztendlich nach dem Arbeiten - Holzverkleidung für das Haeuschen- kein Pardon bis zum Skelett.

Dieses Wochenende gleich nochmal hin, in die Berge, jetzt immer öfter, jeder liebt den Ort an dem die Zeit eine andere ist, der rauschende Bach jeden Tag seine Uferlinie aendert, die Farbe der Erde sich alle zwei Meter aendert -man denke an das bunte Grundgestein-, wo bald Pflaumen, Datteln, Feigen und Mandeln zu ernten sind, wo das in Handarbeit gebaute Haeuschen steht, an dessen Türe der Lehrer Selcuks, ein alter Mann mit weissem Haar und lederner Gesichtshaut, in dem die Lach- und Denkfalten unauslöschliche Spuren hinterlassen haben, ein weiser Mann, ein Gedicht Goethes geschrieben hat, auf deutsch, denn das spricht er fliessend und so klar, als lese er aus einem Roman Hesses:

Über allen Gipfeln
ist Ruh,
in allen Wipfeln
spürest du
kaum einen
Hauch;
die Vögelein schweigen im Walde,
warte nur, balde,
ruhest auch du.

Goethe

Tatsaechlich glaubt man dort an die Stille. Man glaubt sie gefunden zu haben. Aber eigentlich ist dort keine Ruhe über den Gipfeln, ist dort ein Hauch in den Wipfeln, singen die Vögelein im Walde. Aber ist das nicht trotzdem Stille?
Und wir wollen Hühnchen essen aber keiner hat es gekauft und wir fahren und halten auf dem Weg, mal dort mal da und man schickt uns mal dort mal da hin und dann finden wir keins und fahren in die Berge und halten, wie immer, in dem kleinen weissen Dorf, dass sich so fest an den Hang schmiegt, dort, wo ich die Woche davor auf einem Esel durch die von der Industrie vergessenen Strassen geritten bin, wo Schafe maehen, zum Teetrinken und erzaehlen unser Problem den dort Wohnenden, von denen uns manche bereits kennen.
Und ein Mann lacht und geht in seinen Hof, kopft zwei Hühner, gibt uns noch einen Blechbehaelter mit, damits auch richtig gut wird, am Feuer, und drückt uns das eben noch wild gackernde Tier in einem Plastikbeutel in die Hand. So ist das.
Wusstet ihr das Hühner auch ohne Kopf noch laufen können?
Und dann muss ich noch sagen, dass Dörfer wie diese am Wochenende tendenziell bevölkerungsreicher sind, denn die Kinder arbeiten in den Staedten. Oft. Nicht immer. Ich habe mit Mediha auch zwei Kinder besucht, der Junge dreieinhalb, mit dem Hammer in der Hand baut er eine Leiter, als er die von uns mitgebrachten Malbücher sieht darf er aber spielen. Aber er arbeitet. Da gibt es die Fragen mit dem W nicht.
Wieder wir. Federn überall nach dem entfedern. Und etwas anderes: Geschirr spülen am Bach. Spülmittel ist Sand. Teller im Sack über dem Rücken laufen wir ans Ufer. Wie nostalgisch.
Dazu am Kümbet das Gedudel alter türkischer Kunstmusik aus 45er Schallplatten auf Plattenspieler. Eine schwarze Scheibe, ein Lied.
So ist das.

Und hier: In einer Kneipe haengt ein Plakat: 25 Dinge, die du in der Türkei getan haben musst, bevor du von der Welt gehst. Punkt 25.: Sei eine Weile Teil des dynamischen Lebens Eskişehirs.

Dienstag, 7. April 2009

Eindrücke bildlich II.













Kekova









































Olimpos



































































































am Haus der Jungfrau Maria

Montag, 6. April 2009

Eindrücke bildlich I.


















Şirince


















Şirince


















İzmir


















İzmir





Maerz und jetzt - andere Orte

Wieder einmal ist ein Monat vergangen.
Wie schnell kann Zeit vergehen, wie unglaublich schnell. Siebter Monat. Noch zwei Monate bis Projektende.
Noch fünf bis Deutschland.

Maerz.
Am ersten Wochenende noch ein letztes Mal Skifahren. Tagesausflug.
Dann İzmir. Eine bunte, grosse Stadt, die eine riesige Bucht ausfüllt, wo die Menschen draussen sind, am Wasser, spazieren - eine andere Atmosphaere als in Eskişehir, belebter, gelebter, nicht das Ziel sondern der Weg ist das Ziel. Ich gehe durch die engen Gassen, deren kleine Laeden den Platz zum staendigen Markt werden lassen; Lebendes und Totes wird verkauft, Buntes, Metallenes, Anziehendes und Abstossendes, Schmuck, Kleider, Schuhe, Obst, Gemüse, Blumen, frisch gepresster Saft, gefüllte Muscheln. Die ersten warmen Tage, T-Shirtwetter und Bootsfahrt.
Am naechsten Tag Şirince, ein Dorf in den Bergen, um diese Jahreszeit beinah vergessen, nur ein paar Touristen. Bekannt für Wein, den ich nach dem kurvenreichen Weg auf der schmalen Bergstrasse dann auch nach einem ausgiebigen Frühstück mit Blick auf die alten Steinhaeuser und die umliegenden saftig grünen Wiesen voller weisser Gaenseblümchen, probiere kann.
Haus der Jungfrau Maria. Auf den Bergen in İzmir soll ihr letzter Wohnsitz gewesen sein. Hoch oben. In der Ecke des kleinen quadratischen Steinhauses sitzt ein Geistlicher und liest in der Bibel. Vor ihm der Sarg, hier soll sie wohl gestorben sein. Und ein Blumenmeer über ihr. Und Gaben von den Paepsten, Goldketten, Silberbecher.
Draussen Kerzen. Dann eine Wand voller bunter Tücher. Auch ich knote ein Papier dazu, wünsche mir etwas. Wir werden sehen.
Danach weiter, Ephesus. Artemistempel. Und wie unglaublich schnell kann man sich in Anbetracht von Geschichte vergessen. Für mich ist die Anlage unfassbar. Nichts mehr steht, die Saeulen sind gebrochen, die alten Theater leer, schweigend, aber die riesigen Steine, die winzigen Figuren, geritzt in das harte Material, die kreisrunden Saeulen, die enorme Grösse des Platzes, die Lage, die immensen, übereinander geschichteten Steine ...und wie unglaublich. Die Bibliothek wurde wieder aufgebaut. Wie eine riesige Mauer vor dir, beschmückt, ewige Tore, ewige Saeulen, maechtig.
Ein Weltwunder eben.
Dann Krankheit. So eine Krankheit, bei der du zu gesund bist um im Bett zu bleiben und zu krank um nach draussen zu gehen. Ich war ein wenig unzufrieden mit mir, meiner Situation und vielem, ich kann nicht tun was ich will. Negativitaet. Doch das hat sich gelegt, sobald ich gesund war.
Dann Besuch aus İzmir, und ich werde, da sonst jeder morgens arbeitet, zum Fremdenführer auserkoren und darf einem Türken die Stadt zeigen und erklaeren. Da dieser Türke sehr gespraechig, neugierig und ungeniert ist, ergibt sich aber auch für mich die Möglichkeit viel Neues zu erfahren und ein weiteres Mal türkische Unkompliziertheit kennen zu lernen. Lange reden wir mit Bauarbeitern, die eine Moschee aus dem 16. Jahrhundert restaurieren und betreten einen Raum aus einer anderen Zeit. Fenster waren verstaubt, aber wir klopfen trotzdem, da vor dem Haus, das noch aus der osmanischen^ Zeit stammt, Kupferkrüge und Metallbecher in der Sonne stehen. Drinnen ein düsterer Raum, braun dominiert, Hitze, Waende voller metallener Behaelter, Schalen, Tablette, Becher. Auch der arbeitende Mann selbst ist braun. Verstaubt. Er klopft gerade auf einem Amboss sein Werkzeug gerade, neben ihm ein riesiger Steinblock, in der Mitte eine kleine Vertiefung, Kohle, die glüht, wenn er an der langen Metallkette zieht und dann ein Blasebalg von unten her Luft zuführt. Das ist auch in der Türkei altes Handwerk, aber man findet es doch noch: Das Vergangene.

Und letzten Mittwoch, nach den ersten wirklich heissen Tagen, nachdem davor das Bilderbuch Aprilwetter herrschte, mit fünfundzwanzig Grad fahren wir in den Süden. Zu viert. Mittwoch Abend bei einer Freundin in Antalya, Donnerstag weiter nach Olympos. Wir machen Halt in einem kleinen Dorf, an dessen Strand man sich auf die bald beginnende Saison vorbereitet. Haeuser werden angestrichen, Stühle rausgetragen, aber noch ist keiner da. Mehr für uns, Meer für uns. Olympos selbst: Überbleibsel einer einst maechtigen Stadt, und auch wenn die alten Steine von Gras überwuchert sind, mitten im Wald liegen, versunken, vergessen, so ist doch etwas spürbar. Ich bin dankbar, dass die Anlage so belassen wurde, dass der Tourist, der Interesse zeigt sich auch durch den Fluss kaempfen muss, durch den Wald, über unwegsames Gelaende, wenn er alles sehen will, was die Griechen hinterlassen haben. In der Umgebung ist der Bau von Haeusern verboten, und weil doch immer mehr Touristen kommen ist in den letzten Jahren eine Siedlung aus Baumhaeusern und Holzbungalows entstanden, Atmosphaere alternativ, international und abenteuerlustig, abends am Lagerfeuer umringt von Natur und den Holzhaeusern, bunt bemalt, ein bisschen Flower Power. Strand. Wasser: türkis.
Nachts Aufstieg auf den Berg. Hier brennen die Steine. Das Feuer von Olympos. Das erste olympische Feuer. Scheinbar unauslöschlich, wie lange brennt es schon. Auch dieser Weg ist nicht für den bequemen Touristen, am Eingang eine grosse Tafel, zuerst die Legende über das feuerspuckende Monster, das hier bezwungen wurde, dessen Flammen aber weiter brennen, dann die Gasanalyse.
Wir nehmen einen Tramper mit auf dem Rückweg, er erzaehlt uns vom schönsten Ort, den er je auf der Welt gesehen habe: Kekova. Gut, dass wir dort am naechsten Tag hingehen.
Weg an der Steilküste entlang, zwei Stunden Kurven mit Abgrund. Erst Halt in Demre, hier steht die Kirche des Noel Baba, des Sankt Nicholas, unseres Nikolauses oder auch des Santa Klaus. Wie auch immer, auf jeden Fall ein weiteres Mal ein beeindruckendes Überbleibsel aus Zeiten, die ich nicht kenne, an einem Ort, an dem Menschen hart arbeiten um zu überleben. Das komplette Tal ist voller Gewaechshaeuser, voller Tomaten und Kürbisse, voller Menschen, die einen anderen Lebensstandart haben. Die Schnellstrasse ist drei Meter vom Meer entfernt, wahrscheinlich geht hier kaum jemand schwimmen.
Die Umgebung ist voller antiker Überreste, immer wieder Graeber und Teile alter Haeuser, so oft, das nichts mehr ausgeschrieben wird, Teil der Natur. Vergessen.
Hochflaeche weiss. Voller weisser Gaenseblümchen. Grass knallgrün. Ziegen, Kühe. Einfach so, als waeren sie vom Himmel gefallen. Dann ein Dorf, kaum zehn Haeuser, Maenner sitzen im Schatten, trinken heissen Tee und rauchen. Mütze und Wolljacke und uns ist so heiss. Ein Esel waelzt sich im Staub. Ins Tal, ans Meer, es faellt der Begriff Paradies. Nicht nur einmal. Wasser wie Glas. Kekova. Das Dorf verschlafen. Im Sommer wird das wohl alles ein bisschen touristischer, aber es ist so ruhig. Wir treffen die Caver aus Antalya hier, haben ein Boot gemietet, für uns, fünfzehn, zwei Tage an Bord. Die Caver aus Antalya wandern, wir schlafen ein bisschen an Bord, sitzen am Steg, Füsse im Wasser, Eis in der Hand, Fischerboote.
Abfahrt, Fahrtwind tut gut, die Küste ist unfassbar. Vorgelagerte Inseln, bewohnt von Ziegen, die uns nachrufen, zerklüftetem Gestein, Kakteen, niederen Pflanzen. Am Wasser und im Wasser wieder Geschichte. Und Leben. Türkis, türkis, Himmel blau. Die Schiffsleute klettern aufs Dach des Bootes, werfen Nylonfaeden und fangen tatsaechlich einen Calamari. Ein so schönes Tier, die Augen grüntürkise Perlen, der Körper Glas mit grauen Tropfen. Zerlegt, gegessen, vergangen. Wir halten in dieser Bucht und jener Bucht, schnorcheln und ich lerne wieder Wörter, Bezeichnungen von Dingen, die ich in anderen Sprachen nie gelernt habe und manche Namen von Meeresbewohnern, die ich nicht mal auf deutsch weiss.
Nacht auf einer Insel, illegal hat sich hier jemand ein Haus gebaut, ein sehr schönes, und einen sehr schönen Steig und eine sehr schöne Treppe auf den höchsten Punkt über dem Wasser mit einer sehr schönen Aussichtsplattform und das alles gehört in dieser Nacht ungefragt uns. Musik, Bier, Feuer, Wasser. Haengematte. Gestern fahren, fahren. Das Wetter ist windig. Wieder halten wir, da und dort. Und einmal Landgang zu einer weiteren antiken Anlage, riesig, riesige Stadtmauer, Weg auf roter Erde, durch Kuhfladen und Mandelbaeume, von denen wir die Çağlas, die nicht reifen Mandeln, gross und grün und pelzig, pflücken, vergessen alles. Wir klettern auf den höchsten Punkt der Stadtmauer und dann bist du weg.
Essen an Bord, natürlich Fisch.
Heimweg. Wir probieren eine Abkürzung durch das Gebirge, die dann keine wird. Drei Stunden lang durch nichts ausser Panoramaaussichten. Und furchterregenden Abgründen. Und kleinen Dörfern. Abgeschnitten. Wirklich abgeschnitten.
Sichtweisen aendern sich.

^Bevor die heutige Türkei 1923 zur Republik wurde, war sie Teil des osmanischen Reichs, das bis weit nach Europa gereicht hat. Eine richtige 'türkische' Nationalitaet gibt es deswegen eigentlich nicht: In der heutigen Türkei leben Menschen, deren Vorfahren aus Osteuropa, dem Kaukasus oder Teilen des Nahen Ostens stammen. Und einige sagen das auch. 'Ich komme aus Bulgarien' heisst dann nicht, dass man Bulgare ist, sondern dass die Vorfahren aus dem heutigen Bulgarien stammen. Erst unter Atatürk wurden diese ganzen Menschen verschiedener Herkünfte allgemein zu 'Türken' - türkisch sprechender Muslim. Somit waren die Staatsbürger der neuen Republik definiert.

Montag, 9. März 2009

Dünya Kadınlar Günü

Gestern war Weltfrauentag und tatsaechlich wird einem hier als Frau dazu gratuliert. Besonders die eigene Mutter wird angerufen. Interessant.
Obwohl insbesondere die aelteren Maenner sowieso meinen, so ein Frauentag sei doch nicht notwendig, denn sie seien doch immer für ihre Frau da.
Und der ein oder andere natürlich fragt, wann eigentlich Weltmaennertag sei.
Ansonsten, ausser ein paar Treffen, die sich wie üblich mit Rechten und Gleichstellung beschaeftigen, steht im Vergleich zu anderen Tagen nichts besonderes an der Tagesordnung.

Aber solche Tage mag man eben.
Weltfrauentag, Tag der Kinder, Valentinstag... ja.

Freitag, 27. Februar 2009

Die Mitte in Antalya - Vergangenes aufarbeiten (3)

Anfang Februar war ich wieder dort: Bei den Touristen und deutschsprechenden Heimischen, bei den Souvenirlaeden und ein kleines bisschen in der Waerme, am Meer und vor allem bei und mit den anderen Freiwilligen.

Mid Term Training in Antalya.

Es ist unglaublich, wir haben uns im Oktober für fünf Tage gesehen und doch fühlt man sich beim Wiedersehen so, als ob man alte Bekannte wieder trifft.

Meine Motivation für Small-Talk war nicht besonders gross, besonders nicht nach der Tagesreise in den Süden, aber es kam anders. Sich mit Freiwilligen treffen heisst Menschen treffen, die Aehnliches sehen, erleben, kennen lernen. Aehnlich aber nicht gleich. Sichtweisen. Kein Small Talk sondern Austausch, dank der Anwesenden Deutschen auch in deutsch und das tut gut. Seminar und Pausen, viel Zeit um zu sprechen, auch am Strand, Terrasse oder sonst wo. Ausserdem all-inclusive, was nicht jedem immer gut tut, unerlaubtes Lagerfeuer am Strand, zu dem sich der Polizist erst einmal dazu gesellt, bevor er es verbietet, de gedankliche Konfrontation mit dem Ende der EFD Zeit, mit dem Abschied von Freunden und Lebensabschnitt, Essen am meterlangen Büfet, an dem die Auswahl mehr als schwer faellt, zumal der Teller sowieso nach dem Salatteil voll ist, gegenseitige Motivation und die Einsicht, dass man oft gleiche kleine Probleme hat, über die man Laecheln kann, ein wunderschöner Abend in einem türkischen Lokal, gross, traditionelle Live-Musik und somit auch Tanz waehrend dem Essen, eine komplizierte und teure Fahrt zum Busbahnhof und die Erleichterung darüber, dass man sich auf türkisch verstaendigen kann, eine weitere Facette Türkei und die Gewissheit, dass noch viele weitere Facetten kennen gelernt werden wollen.

Und mehr. Wie immer.

Freitag, 20. Februar 2009

Kayakent oder: Fürchte dich nicht!

Zwei Höhlen an zwei Tagen, zwei Höhlen die mich mitnehmen, mich beanspruchen, mich fordern, mich staunen und lernen lassen. Wie unerreichbar ist die Kraft der Natur. Wie unglaublich unerreichbar. Kein Mensch hat je solche Palaeste gebaut. Und nie freust du dich mehr über Wasser als dort unten, unter Tonnen Stein, ein kleines Becken, versteckt zwischen Stalagmiten und Stalagtiten, bestaendig tropft es, frisch, kühl, schön kühl in der feuchten Waerme der unterirdischen Gewölbe, die wir besuchen.

Die Flamme auf meinem Helm erleuchtet die Welt um mich, die den Fledermaeusen und Niemandem gehört, an meinem Gürtel ein zweiteiliger Metallbehaelter, unten Calciumcarbid, CaC2, auf das von oben regulierbar Wasser nach unten tropft. Plastikschlauch zum Helm. Gas. Feuerzeug. Flamme.
Ich sehe.

Der Weg zur Höhle ist steil, verdammt steil, und matschig und danach hast du Sport gemacht für den Tag. Die Höhle ist eng. Zumindest der Eingang. Und auch steil. Aber wir nennen sie horizontal, ein Seil brauchst du nicht, aber hinlegen darfst du dich, kriechen, dich umdrehen in Nischen, ziehen, robben, über dir Stein, neben dir Stein, braun, feucht, Enge und ich dachte: Nein, das mache ich nicht. Aber natürlich machst du es doch nachdem dein Vordermann verschwunden ist im Nirgendwo und du kriechst ihm nach und in dem Moment ist dann auch alles egal: Was für ein Gefühl. Und dann der Saal. Die Ausmasse, und du dringst ein, immer weiter. Passierst Engpaesse, rutschtst, denkst: Rückweg unmöglich hier, aber du ziehst und siehst und bist in einem anderen Energiezustand.

Nachts noch zu einer anderen Höhle, im Eingangsbereich schlafen wir, draussen Regen, drinnen Tropfen. An der Wand Inschriften die ein Archaeologieprofessor vor zehn Jahren auf die Zeit der Kreuzzüge datiert hat. Darüber bildet sich die naechste Generation Kristall, Stein, Kalk.
Wie witzig ist das Essen, an vier verschiedenen Orten wird gekocht, Nudeln, Reis, Thunfisch drüber, Brot in die Hand, ist der eine Topf fertig rennen alle hin, ist der naechste fertig geschlossene Wanderbewegung zum Warmen, Frischen und wenn du nicht mitgehst hast du einen Topf vor dir, aus dem du endlich in Ruhe essen kannst, was übrig geblieben ist.

Und auch in diese Höhle, tiefer. Und wieder Engstellen. Wir suchen Wege. Und wir schauen auf die Karte, selbstgezeichnet, nichts ist richtig kartiert. Und dann bist du irgendwo und denkst: Nein, da können wir nicht reinrkriechen, nein, da können wir nicht runter, aber man kann doch.
Und danach gehst du nach draussen. Helle, wie hell es sein kann, und wie weit.

Wie unglaublich viel lernt man in einer Höhle. Wie viel über dich, deine Kraefte, deine Aengste, wie wichtig ist Teilen, Warten, Team, Beraten. Wie unglaublich schön ist Licht. Und wie maechtig ist die Natur. Und wie wenig weisst du. Und die Kreuzritter waren auch schon da, waehrend Fledermaeuse kopfüber hingen und nicht mal den Flügel von den Augen nehmen, wer bist du schon.

Bilder: 1. Sie fliegen, 2. Abstieg, 3. wie gewaltig und unten rechts wir, 4. Lager, 5. Weite und Licht

Mittwoch, 11. Februar 2009

Wochenenden

Wochenenden sind grundsaetzlich immer voll, mit wenig Schlaf oder einem, den man eventuell unkomfortabel nennen könnte, körperlich mehr oder weniger anstrengend, unvergesslich und reich an Lachen.

Vor vier Wochen bin ich nach Bursa gefahren, genauer Uludağ, der Berg dort, bekannt, da er die Flaschen des wohl am meisten verkauften Wassers Erikli (was eigentlich 'mit Pflaume' heisst) praegen darf und habe mich in die Kunst des Skifahrens einweisen lassen, was sich glücklicherweise als nicht allzu schwierig herausgestellt hat. Die dunklen Nadelbaeume mit ihren weissen Mützen erinnern dabei wenn man will ein bisschen an den Schwarzwald, blauer Himmel, Aussicht auf die umliegenden Berge, Waelder, Hochebenen und tiefhaengende Wolken, die von weitem wie kleine Schneelawinen an den gegenüberliegenden Haengen erscheinen. Zwischen den Sporttouristen, die wohl weltweit gleich ausgestattet sind, tummelt sich eine Gruppe junger Frauen mit Kopftüchern, machen eine Schneeballschlacht, fallen, lachen, fahren mit dem Sessellift wieder nach unten. Wir übernachten bei den Meteorologen, auf Nachfrage, ein Zimmer gibt es, mit drei Stockbetten und kaltem Wasser.

Die Woche danach: Wanderung. Eigentlich Ausbildungscamp für diejenigen drei, vier, die neu zu ESMAD dazugestossen sind, wie lese ich eine Karte, wie rette ich den, dem ein Stein auf den Kopf gefallen ist, wie mache ich Feuer, nur ESMAD ist kein Wanderverein, was für manche fünfzehn Kilometer Qual bedeutet, Qual, vorbei friedlich grasenden Eseln, Qual, vorbei an der Hütte einer alten Frau ('ach wegen euch war der Bus aus der Stadt heute wohl so voll!', woher weiss sie das?), vor der Hühner im Matsch picken und aus der in kleinen grauen Wolken, die an den Boden gedrückt werden Rauch aus dem Schornstein steigt, Aussicht ins Tal, wo die Sonne scheint, blau aus grau von oben hervorschaut, über den Fluss, erst der Rucksack, dann du, und wenn du nass wirst ist es auch egal, weil es sowieso schon geregnet hat. Und für die anderen ist die Qual des einen zusaetzliche Belustigung, ein weiterer Grund zu lachen waehrend man auf einer alten, inzwischen mit Gras bewachsenen Brücke deren Backsteine trotz ihres Alters ein Vertrauen ausstrahlen, Kekse isst. Abends sagen die Wolken Ade, Sterne funkeln, so viele, Wasser rauscht, rauscht, zischt, Wasserfall, Wasserrausch und am naechsten Morgen gehen auch wir dorthin, sitzen, lauschen dem Rauschen, lernen, wandern zurück, nicht so weit: Der Bus wird angehalten wo keine Haltestelle ist.

Daraufhin zum Kümbet, unsere achteckige, zweistöckige Hütte, das Projekt schlechthin und der Ort an den man immer geht, wenn kein anderer Plan vorliegt, auch der Ort, an dem man noch zumindest immer Arbeit findet. Inzwischen oben eingerichtet, mit Werkzeugregal, Weinregal, alles klein und unter Haekeldecken versteckt, Sitzkissen, rundem Tisch in der Mitte, kaum Höhe besitzend und viel Licht von oben, wie ein Treibhaus, es ist warm, angenehm, gemütlich. Wir schlagen eine Treppe in den Hang, den steilen, der nach jedem Regen aufgeweıchter ist, steiler wird und das jetzt nicht mehr so kann wie er will, Holz und Steine hindern.

Dann wieder Skifahren, wieder Uludağ, wir sind zehn und finden keine Unterkunft, aber was waere ESMAD ohne Zelte im Kofferraum und ohne die Faehigkeit auch im Tiefschnee einen Platz zu finden, wo man diese aufstellen kann: Hinter einer kleinen, verlassen erscheinden Moschee im Wald, mehr oder weniger windgeschützt, aber nachts faengt es an zu regnen, tauen und du fühlst dich wie in einer schaukelnden Plastiktüte, gegen welche die Gischt des Meerwassers spritzt, aber frieren tust du nicht und wenn man den ganzen Tag Ski faehrt kann man auch schlafen. Nur Ski fahren kann man nicht wenn es so viel regnet und wir gehen einkaufen. Nach Bursa. Das im Zickzack an den Hang gebaut ist und je weiter man nach oben kommt umso aelter scheinen die Haeuser, umso kleiner, umso mehr Holz stapelt sich um die bunten Fassaden, umso mehr scheint man in der Zeit zurück versetzt. Als letztes gehen wir zu IKEA, essen Hotdogs bevor wir auf dem Heimweg woanders Halt machen, für Köfte, die türkischen Fleischbaellchen.