Montag, 25. August 2008

Abflug, planlos

Es gibt immer noch nichts, was Abflugdaten betrifft.
Geplant ist von meiner Seite aus weiterhin die zweite Septemberwoche.

Das Problem kurz umrissen:
Ich muss in Deutschland an einem Ausreiseseminar teilnehmen, bevor mein Freiwilligendienst in der Türkei starten kann. Die Anmeldung übernimmt AFS, meine Sendeorganisation, die dafür mein activity agreement, eine Art Arbeitsvertrag, von meiner türkischen Aufnahmeorganisation braucht.
Das activity agreement ist momentan nicht da. Das heißt, ich kann nicht zu einem der Seminare in der ersten Septemberwoche angemeldet werden, was wiederum bedeutet, dass ich meinen Flug in die Türkei nicht buchen kann. Noch nicht.

Was passieren kann ist, dass sich mein Abflug nach hinten verschiebt, eventuell sogar um zwei oder drei Wochen. Mehr befürchte ich nicht, und selbst das wäre natürlich zu verkraften.

Kleine Informationen

Warum Freiwilligendienst im Ausland
Auszug aus meinem deutschen "motivation letter":
Die Entscheidung für ein Jahr im Ausland
Das Interesse für fremde Kulturen und Länder wurde bei mir, wie bei vielen heutzutage, schon früh durch das Lesen von Magazinen oder Fernsehdokumentationen geweckt. Die Vorstellung einmal viele, mir unbekannte Länder zu bereisen, reizte mich.
Erste Auslandskontakte knüpfte ich über die Schule[.] [...] Das, was mich am meisten faszinierte, war die Tatsache wie sehr gegenseitiges Interesse trotz Sprachbarriere verbinden kann. Die Möglichkeit an einem mir fremden Lebensstil teilhaben zu können, empfand ich jedes Mal als Bereicherung.
[...] Die Aussage [von Auslandsreisenden], dass sich das Erlebte kaum in Worte fassen ließe sondern eine Erfahrung sei, die man selber machen müsse und dass kaum etwas so bereichernd wäre, wie das sich Einlassen auf eine fremde Lebensweise, kann ich gut nachvollziehen. Verstehen, denke ich jedoch, kann man die Aussage erst dann wirklich, wenn man sich selbst auf das Abenteuer, das ein fremdes Land und fremde Menschen bergen einlässt.
Die Zeit nach dem Abitur möchte ich nun zum einen dafür nutzen, selbst zu erfahren, was es bedeutet als zunächst Fremder in einem anderen Land zu sein. Zum anderen will ich dies mit der Möglichkeit verbinden, mit meinen Fähigkeiten Menschen zu helfen oder diese zu unterstützen. [Ich habe in den vergangenen Jahren viel lernen dürfen und viel erlebt. Ich möchte meine eigenen Erfahrungen mit anderen Menschen teilen und etwas von dem weitergeben, was ich bekommen habe.]
Ich denke, dass interkultureller Austausch in der heutigen Gesellschaft immer wichtiger wird; Toleranz und Verständnis gegenüber anderen Kulturen spielt dabei meiner Meinung nach eine ebenso wichtige Rolle, wie die Bereitschaft, seine eigene Kultur begreifbar zu machen.

Warum EFD, warum Türkei
Ich möchte die Frage klären, warum ich mich für die Türkei als Zielland meines Auslandsaufenthalts entschieden habe. Eine Frage, die ich in vergangener Zeit sehr oft zu hören bekommen habe.

Bei Internetrecherchen bin ich auf den Europäischen Freiwilligendienst (EFD) gestoßen. Der EFD ist ein Programm der EU der dementsprechend europaweit und teilweise auch darüber hinaus Menschen zwischen achtzehn und dreißig Jahren und Projekte, in denen diese als Freiwillige unterkommen können, anspricht.
Die Entscheidung für die Türkei erfolgte zeitgleich mit der Entscheidung für den EFD.

Auszug aus meinem deutschen "motivation letter":

Die Entscheidung für den Europäischen Freiwilligendienst (EFD) und die Wahl der Türkei als Wunschland
Nach längerem Suchen und Abwägen verschiedener Möglichkeiten, die als Ziel den Weg ins Ausland hatten, fand ich den EFD, der ideal mit dem von mir Angestrebten übereinstimmte.
Viele andere Programme boten mir zu wenig Platz für Eigenverantwortung, auch aus finanziellen Gründen und den kommerziellen Interessen mancher Anbieter entschied ich mich gegen ein vorgefertigtes Auslandsprogramm, für das ich mich nur noch bewerben brauchte. Die Tatsache, dass beim EFD die Suche nach einem Projekt im Ausland dem Freiwilligen selbst überlassen wird und dadurch zugleich eine intensivere Auseinandersetzung mit den eigenen Erwartungen besteht, gefällt mir.
Der Wunsch, das Jahr in einem Land zu verbringen, dessen Alltag und Denken sich mehr von dem unseren unterscheiden, als dies bei den westeuropäischen Ländern der Fall ist, entstand bei Gesprächen mit Auslandsreisenden und durch die Beschäftigung mit ausländischer Literatur. Ebenso entstand der Entschluss, während des Jahres die Möglichkeit zu nutzen, eine weitere Sprache zu erlernen, mich also auf etwas komplett Fremdes einzulassen.
Vor etwa zwei Jahren, begann ich einem neunjährigen, türkischen Jungen Nachhilfe zu geben, mittlerweile sind noch zwei türkische Mädchen im Grundschulalter dazu gekommen. Durch die dadurch entstandene, zunächst passive Auseinandersetzung mit den Unterschieden zwischen der türkischen und deutschen Kultur, Religion und Denkweise, kam der Wunsch auf, mehr davon zu erfahren. Gerade weil viele Menschen in Deutschland mit Migrationshintergrund aus der Türkei stammen, ist, denke ich, eine Auseinandersetzung mit ihrer Kultur für ein gegenseitiges Verständnis besonders wichtig. Zudem begeistert mich die Offenheit, mit der gerade diese Menschen auf einen zugehen, wenn man sich auf den Kontakt einlässt. Die uns gänzlich unbekannte Sprache und die oft falsch verstandene Religion wecken außerdem mein Interesse an der Türkei als Gastland für meinen Freiwilligendienst.
Obwohl ich gerade in letzter Zeit bei der Äußerung meines Wunsches oft kritische Blicke eingefangen habe, bin ich mir sicher, dass ein Aufenthalt in der Türkei viele Möglichkeiten bietet und dass das Land voller Geheimnisse steckt.

Der EFD verlangt vom Freiwilligen schon vor dem Auslandseinsatz viel Eigeninitiative und oft noch mehr Geduld. Man sucht sich selbstständig eine Entsendeorganisation im Heimatland, die für Formelles zuständig ist und als Ansprechpartner zur Seite steht, und vor allem auch selbstständig sein Projekt im Ausland. Ich habe die Suche nach einem Projekt und vor allem das lange Warten auf Antworten als sehr anstrengend, langwierig und oft auch als frustrierend empfunden.
Aber sie gibt einem die Möglichkeit, wie oben erwähnt, die eigenen Wünsche und Ansprüche zu reflektieren; etwas, das sicher unersetzlich ist, wenn man sich auf ein Jahr im Ausland einlässt.

Dienstag, 19. August 2008

Voraussicht

Die Stadt, in der ich acht Monate verbringen werde, liegt im westanatolischen Binnenland, Karstgebiet. Eskisehir; wobei ich an das zweite "s" einen Haken setzen müsste: man spricht es dann als "sch".

Alles, was ich bisher von der Stadt weiß beschränkt sich auf ein paar Bilder, die ich gesehen habe und die Erzählungen der Freiwilligen des letzten Jahres. Zwei Universitäten, einige ERASMUS-Studenten, ein westliches Erscheinungsbild. Und daneben die immer gegenwärtige, türkische Kultur, oder das, was wir als solche bezeichnen würden. Erwähne ich die Stadt vor türkischstämmigen Deutschen, wird deutlich, dass die Region aufgrund ihrer Höhlen bekannt ist.

Mit eben diesen werde ich mich auch während meines Aufenthalts beschäftigen. Eine Gruppe von Höhlenforschern soll im Auftrag des Umweltministeriums Höhlen kartieren. Und sie für die Forschung zugänglich machen. Ich darf mithelfen.

Der weitaus größere Teil meiner Freiwilligenarbeit wird sich in einem anderen Bereich abspielen. Waisenhaus. Zwölf- bis Zwanzigjährige Mädchen, alle Auszubildende oder Schülerinnen. Sie haben kaum jemanden, der etwas mit ihnen unternimmt, sich um sie kümmert, ihnen zuhört. Diese Aufgabe werden Raima, meine 23-jährige Mitfreiwillige, Psychologiestudentin aus Litauen, und ich versuchen zu übernehmen. Wir sind erst die zweiten Freiwilligen in diesem Projekt, die Aufgabe wird sicher nicht immer einfach sein.

Die Mädchen sprechen nur Türkisch, ich bisher nicht. Zwei Stunden Türkischkurs pro Woche an der Uni in Eskisehir sollen helfen, aber der Alltag ist wahrscheinlich der bessere Lehrer.

Nach dem achtmonatigen Freiwilligendienst möchte ich mir Zeit nehmen, um andere Gebiete der Türkei kennen zu lernen. Wie lange ich dann tatsächlich in der Türkei bleiben werde steht demnach noch lange nicht fest.

Jetzt geht das Warten weiter: Das Warten auf das Ausreiseseminar, auf die für die Anmeldung benötigten Unterlagen, auf die Abflugdaten. Man gewöhnt sich daran.

Das Ende der Frist

Und das Ende ist positiv: Die Zusage ist endlich da!
Die Zeit in der Türkei wartet darauf, erlebt zu werden.

Freitag, 15. August 2008

Warten mit Frist

Letzten Herbst habe ich mein Projekt gefunden.
Ende Januar wurde mir gesagt: Wir wollen dich als Freiwillige.
Seither warte ich.

Ich warte auf die endgültige Zusage.
Wer einen EFD, einen Europäischen Freiwilligendienst antreten will, muss Fristen in Kauf nehmen. Und muss erfahren, dass diejenigen, die die Fristen setzen, ihre eigenen nicht immer ganz ernst nehmen.

Nachdem mein Aufnahmeprojekt im März versäumt hatte die nötigen Formulare für die Anmeldefrist am 1. April fertig zu stellen, wurde der Antrag zur nächsten Antragsfrist am 1. Juni gestellt. Der Antrag richtet sich an die EU: Bevor ein Projekt anlaufen kann, muss entschieden werden, ob die finanziellen Mittel dazu von der EU bereit gestellt werden. Innerhalb von zwei Monaten sollen Freiwilliger und Aufnahmeprojekt Bescheid bekommen, ob das Projekt bewilligt ist.
Wir warten immer noch.